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Gänsehaut, Tränen und Poesie 

Von: Laura Jung | Veröffentlicht am 16. Oktober 2025

 
Die neu-geschriebene Mädchenklasse, bestehend aus Valerie Höß, Marie Wöhlermann, Livia Koch, Nevia Wohland, Charlotte Ruppert, Sophie Willibald (v.l.n.r.). Foto: Laura Jung.

Ob es die Message fürs Publikum ist oder die pure Energie, die man daraus zieht, gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten – zu sehen, wie es sich entwickelt – und wie man sich selbst dabei weiterentwickelt: Es ist beeindruckend, was am Ende dabei herauskommen kann.  Egal ob Schauspiel, Kostümbild, Bühnenbild, Lichttechnik oder Musik – es entsteht ein Gesamtkunstwerk. Und dann kommen an zwei Abenden insgesamt knapp 750 Leute, und werden als Publikum selbst Teil dieses Kunstwerks. 

Carpe diem! Nutzt den Tag. Macht euer Leben außergewöhnlich!

Wie entsteht ein Stück der Theatergruppe Gymnasium Tegernsee? Barbara Winkler hat dafür einen schönen Vergleich gefunden: Am Anfang ist es, als würde man eine Schneekugel schütteln. Alles ist chaotisch – und dann, ganz langsam, legen sich die Schneeflocken und man erkennt das Bild.

Und so ist es auch in der Theater AG, was ich selbst in meiner Schulzeit bereits miterleben durfte. Bis sich die vierzig Schülerinnen und Schüler für ein Stück entschieden haben, das Casting bewältigt, den Text geschrieben, und gelernt, Kostüm- und Bühnenbild erschaffen und eine Lichtshow überlegt haben, ist es ein langer Weg.

Meistens zeigt sich erst kurz vor der Aufführung, dass alles schon klappen wird.

Generalproben dürfen scheitern

Ich war selbst bei einigen Generalproben dabei, in denen noch mit Textbuch auf der Bühne gestanden wurde, Requisiten gefehlt haben und „noch schnell“ was am Kostüm umgenäht wurde.

Aber Barbaras Devise lautet: Wenn die Generalprobe schief läuft, wird die Aufführung gut! Und das hat sich bisher immer bewahrheitet. Es ist nun also Donnerstag Abend. Die Premiere des Stücks. Eltern, Freundinnen, Lehrkräfte und auch die Schulleitung Frau Hefele trudeln langsam ein und hinter der Bühne steigt die Aufregung.

Das erste Treffen der „Club der toten Dichter“. Foto: Laura Jung

Zicke Zacke

Durch den geschlossenen Vorhang ertönt ein lautes „Zicke Zacke“ – seit Jahrzehnten der Schlachtruf der Theatergruppe.



Aber fangen wir von vorne an. Oscar kam mit der Idee um die Ecke, den Film „Der Club der toten Dichter“ von 1989 als Theaterstück aufzuführen.

Der Film spielt Ende der 50er Jahre an der traditionsreichen und konservativen Welton Academy. Der neue Englischlehrer John Keating, im Film gespielt von Robin Williams, bringt frischen Wind in den strengen Schulalltag.

Mit unkonventionellen Methoden inspiriert er seine Schüler dazu, selbstständig zu denken, die Schönheit der Poesie zu entdecken und das Leben bewusst und mutig zu gestalten – ganz nach dem Motto „Carpe Diem – Nutze den Tag.“

Die Schüler lassen daraufhin den geheimen „Club der toten Dichter“ wieder zum Leben erwachen, in dem sie sich nachts treffen, um Gedichte zu lesen und über ihre Träume zu sprechen. Besonders Neil Perry, ein talentierter, aber  von seinem autoritären Vater unterdrückter Schüler, findet durch Keating den Mut, seinem Wunsch zu folgen, Schauspieler zu werden.

Oh Captain, my Captain

Am Ende zeigen die Schüler durch eine bewegende Geste ihre Dankbarkeit und Loyalität gegenüber Keating: Sie stellen sich auf ihre Tische und rufen „Oh Captain, my Captain“ – eine Hommage an den Lehrer, der ihr Denken für immer verändert hat. Dieser Moment hat auch im Theatersaal für Gänsehaut und Tränen gesorgt – auch Menschen aus dem Publikum standen auf ihren Stühlen und riefen Keating – in diesem Fall Schüler Diego Fernandez Diéz – „Oh Captain, my Captain“ zu.

Lehrer John Keating (Diego Fernandez Diéz) erklärt seinen Schülern, was „Carpe Diem“ bedeutet. 
(v.l.n.r.: Ferdinand Ochs, Ben Wemhoff, Luka Saric, Moritz Bräunlein, Jasper Gerhard, Johannes Kowolik). Foto: Laura Jung

Obwohl die Grundstruktur der Geschichte gleich geblieben ist, war klar, dass es einige Anpassungen geben muss. Die Theatergruppe hat sich vor allem bemüht, Frauenrollen hinzuzuschreiben. Und zwar keine „Hosenrollen“, also Frauen, die Männerrollen spielen, sondern eigene Frauencharaktere.

Weil Mädchen auch Dichterinnen sind

Und so wurde aus der Jungen-Akademie eine gemischte Schule und die Mädchen wurden Teil des Clubs der toten Dichter. Da es kein bestehendes Theaterstück zum Film gibt, musste der gesamte Text selbst verfasst werden. Die Schülerinnen und Schüler haben sich daran gemacht, neue Szenen zu entwickeln, Passagen aus dem Film mit eigenen Ideen auszuschmücken und so das Stück zu ihrem zu machen.

Ganz nach Keating: „Nur durch das Schreiben können wir uns selbst wirklich finden.“  

Theater ist kein Schulfach wie jedes andere – es ist Raum für Entwicklung, für Ausdruck, für Selbstbewusstsein. Die Theatergruppe des Gymnasiums Tegernsee zeigt, wie Kinder und Jugendliche über sich hinauswachsen, wenn sie ernst genommen werden und selbst gestalten dürfen.

Ich will nicht nur existieren, ich will leben.  (Neil Perry)

Als der neue Englischlehrer John Keating (Diego Fernandez Diéz), selbst ein ehemaliger Schüler, seinen Dienst antritt, bringt er frischen Wind in den Schulalltag der Eliteschule, der von Werten wie Disziplin, Tradition und Leistung geprägt ist.

„Das war mal was anderes“, sagt eine Schülerin nach Keatings erster Unterrichtsstunde, als er in seiner unkonventionellen Art seine Schülerinnen und Schüler dazu anregen möchte, die Poesie des Lebens zu entdecken.

Während sich Todd (Felix Holzhauer) unter Keatings Einfluss langsam von seiner Schüchternheit befreit, rebelliert Charlie (Johannes Kowolik) zunehmend offen gegen die Schulregeln. Knox (Julian Menn) kämpft mutig um seine Liebe zu Chris (Rosalie Huber), die eigentlich mit dem draufgängerischen Chet (Franz Miklautz) zusammen ist.



Ein Sommernachtstraum wird zum Albtraum

Neil spielt trotz Verbots seines Vaters heimlich in dem Theaterstück „Ein Sommernachtstraum“ an der Seite von Daisy (Marie Wöhlermann) mit, woraufhin ihm damit gedroht wird, in die Militärakademie geschickt zu werden. Neil sieht keinen Ausweg mehr – in einer von Luka Saric emotional mitreißend gespielten Szene begeht er Selbstmord. Ein Schock für seine Freunde und der Wendepunkt des Stücks. Die Schule sucht nach einem Sündenbock – und findet ihn in Keating.

Der ängstliche Cameron (Jasper Gerhard) verrät die Gruppe, und unter Druck unterzeichnen die meisten Schüler Keatings Entlassung. In der bewegenden Schlussszene zeigt Todd endlich Mut: Als Keating das Klassenzimmer verlässt,  stellt er sich als Erster auf seinen Stuhl, salutiert Keating und ruft ihm zu: „Oh Captain, my Captain“, was seine Mitschülerinnen und Mitschüler – alle, außer Cameron – als Zeichen ihrer Dankbarkeit und Rebellion imitieren.

Die Macht der Poesie

„Der Club der toten Dichter“ ist ein emotionales Drama über Jugend, Freiheit, Träume und die Macht der Worte – und darüber, wie schwer es sein kann, für das einzustehen, woran man glaubt. Das Zusammenspiel aus der wirklich herausragenden Schauspielkunst, dem liebevoll gestalteten Bühnenbild sowie dem eindrucksvollen und bis ins kleinste Detail durchdachten Kostümbild von Erika Pilmes setzt neue Maßstäbe für die Qualität eines „Schultheaters“.

Dieses Jahr gab es noch eine Besonderheit. Da durch die vorübergehende Schließung des Ludwig-Thoma-Saals sowie Baumaßnahmen in der neuen Spielstätte Seeforum die Aufführungen in den Herbst geschoben wurden, dürfen die Schülerinnen und Schüler in die nächste Runde gehen! Statt Tränen und Verabschiedung der Abiturienten auf der Bühne, stürzt sich die Theatergruppe direkt in die neue Stückentwicklung.

Wer „Der Club der toten Dichter“ verpasst hat, hat also bereits nächstes Pfingsten die Chance, die Theatergruppe in Aktion zu erleben. Mit welchem Stück? Das wissen sie selbst noch nicht!

Ein zeitloses Drama?


Die Geschichte um den unkonventionellen Lehrer John Keating, der seine Schüler zur Selbstbestimmung, Poesie und zum kritischen Denken ermutigt, wirkt aktueller denn je. Und so war das Stück nicht nur eine Verneigung vor der Kunst, sondern auch eine stille Kritik an einem Schulsystem, das oft wenig Raum lässt für das, was Keating predigt: Leidenschaft, Eigenständigkeit, Träume. Der Abend im Seeforum war mehr als eine Aufführung – es war ein Plädoyer dafür, wie relevant Kunst und Kultur sind. Carpe Diem.

 

copyright: Tegernsee Weekly